Sonny und Elvis.

Vor 30 Jahren starb Elvis Presley. Sein Leibwächter hielt die Groupies fern, sah den King auf Fernseher schießen und hungerte mit ihm. Zusammen gingen sie durch dick und dünn.

Gott, ich vermisse den Kerl. Es gibt ja eine Menge Leute, die glauben, Elvis sei noch am Leben, manche behaupten das nur aus Spaß. Ich mache sowas nicht – mir glauben die Leute sowas ja sofort. Einmal habe ich einer Frau leichtfertig erzählt, Elvis lebe jetzt in meiner Garage. Sie wurde hysterisch und meinte, sie habe es die ganze Zeit gewusst. Das konnte ich ihr dann nicht mehr ausreden.

Das letzte Mal sah ich ihn 1976, am 5. Juli, das war mein Geburtstag und ein gutes Jahr vor seinem Tod am 16. August 1977. Wir standen in der Einfahrt von Graceland, ein paar Stunden zuvor hatte er noch in Memphis gesungen. Jetzt sagten wir uns Gute Nacht, er war verschwitzt mit Handtuch um den Hals, ich habe ihm noch ein Stück Kuchen angeboten.

Wenig später hat er mich feuern lassen. Ich hatte es gewagt, seinem Dealer zu sagen, er solle sich von Elvis fern halten.

Ich war viel mehr als Elvis’ Bodyguard. Er hatte mich auch als Fahrer engagiert, ich hielt die Wagen in einem Top-Zustand. Und ich war immer bemüht, dass es ihm gutgeht. 16 Jahre habe ich für ihn gearbeitet, von 1960 bis 1976. Beschützen musste ich ihn vor allem vor Menschen, die ihm eigentlich gar nicht weh tun wollten, es aber ganz sicher getan hätten. Durchgedrehte Fans waren das, die alles taten, um Elvis auf der Bühne zu berühren. Die ein Büschel seiner Haare haben wollten oder ein Stückchen seiner Lippen. Mit denen war nicht zu spaßen.

Manche Fans waren kreativ. Kreativität wurde von Elvis belohnt. Ich weiß noch, zwei Mädchen hatten sich in kleine Hundeboxen gezwängt und zu Elvis aufs Zimmer bringen lassen. Da sollten Collies drin sein, hatte man uns gesagt. Keine Ahnung, ob sie mit Elvis dann Tee tranken oder sonst was machten, aber das hatten sie sich auf jeden Fall verdient.

Wenn Elvis tatsächlich noch lebte, sähe er bestimmt verdammt gut aus. Mit grauem, aber immer noch vollem Haar. Vor allem hätte er sicher seine Sucht besiegt. Eine wesentliche Wahrheit über Elvis ist leider: Er war sehr empfänglich für Süchte. Das waren ja nicht nur die Medikamente, gerade in seinen späten Jahren. Elvis mochte auch Schusswaffen, mehr als 300 hatte er zwischenzeitlich bei sich zu Hause. Die benutzte er auch, zum Beispiel, um auf Fernsehgeräte zu schießen – immer dann, wenn dort Sänger wie Robert Goulet auftraten, die er nicht mochte. Dann hat er einfach eine Kugel in das Gerät gejagt. Aber das gehört nicht zu den traurigen Momenten mit Elvis. Im Gegenteil: Wenn er auf Fernseher geschossen hat, war das ein Zeichen, dass es ihm gut ging.

Wir haben uns beim Rollschuhlaufen kennengelernt, das war 1958, kurz bevor Elvis als Soldat nach Deutschland musste. Mein Cousin Red stellte uns vor, die beiden kannten sich von der High School. Ich galt damals als einer, der sich wehren kann, der auch gut austeilen kann. Das wusste Elvis, und was soll ich sagen: Er mochte mich einfach. Und ich ihn. Als er aus Deutschland zurückkam, lud er mich nochmal zum Skating ein. Dann gingen wir ein paar Mal ins Kino, und nach drei Wochen fragte er mich, ob ich nicht für ihn arbeiten wolle.

Die Bezahlung war schlecht, anfangs bekam ich 35 Dollar pro Woche. Aber ich musste ja nichts bezahlen außer meinen Zigaretten, die kosteten damals nur 25 Cent die Packung. Sonst hatte ich keine Ausgaben, weder für die Hotelzimmer auf Reisen noch für mein Zimmer in Graceland musste ich zahlen. Außerdem war Elvis an Weihnachten sehr großzügig, er liebte ja Weihnachten. Da gab es für alle um ihn herum Schecks und Geschenke.

Elvis war ein warmherziger Boss. Aber auch zunehmend ein verunsicherter: Er hatte große Angst, getötet zu werden. Als es 1968 erst Martin Luther King und dann Bobby Kennedy traf, dachte Elvis, er sei eines der nächsten Opfer. Einfach wegen seiner Berühmtheit. Elvis’ erste Maßnahme war, dass ich ab sofort in seiner Nähe schlafen sollte. Extrem wurde es dann während der Manson-Morde. 1969 fing ja die Mordserie vom irren Charles Manson und seiner Gruppe an, und nachdem Sharon Tate und andere tot waren, wussten alle Entertainer: Es kann jeden hier treffen.

Richtig brenzlig wurde es aber nur einmal, und verglichen mit Charles Manson war das harmlos: 1970 hatte Elvis eine Show in Las Vegas. Da stürmte ein durchgeknallter Typ auf die Bühne, und ich konnte seine rechte Hand nicht sehen, die hatte er unter einem Sweatshirt versteckt. Da hätte eine Knarre drunter sein können oder ein Messer. Mein Cousin Red, der arbeitete auch als Bodyguard für Elvis, hat den Mann überwältigt. Daraufhin sind aber dessen wütende Freunde auf die Bühne – mit denen hatte ich es dann zu tun. Hinterher stellte sich raus, dass der Typ übrigens nichts in der Hand hatte. Bei all dem ist Elvis ziemlich ruhig geblieben.

Überhaupt kannte er durchaus Disziplin. Zum Beispiel, was sein Gewicht betraf. Die meisten haben Elvis in seinen späteren Jahren als Übergewichtigen in Erinnerung. Wahr ist aber: Vor seinen Filmen und den großen Fernsehauftritten hat Elvis immer abgenommen. Das musste er, weil Bildschirme so breit machen. Diese Diäten waren hart, bei der schlimmsten mussten ich und seine anderen Freunde mitmachen. Ich nahm 22 Pfund ab.

Noch ein falsches Klischee über Elvis: Er brauchte morgens gar nicht viel Zeit, um seine Haare in die richtige Form zu bringen. Das war einfach der Schnitt. Waschen, kämmen, ein bisschen Spray, schon sah er gut aus.

Elvis hatte natürlich sehr viele Frauen. Aber darauf war ich nie neidisch. Ich konnte jede Frau verstehen, die Kontakt zu Elvis suchte. Ich hatte sowieso keinen Grund, mich zu beschweren. Man muss es so sehen: Wir bekamen die Frauen, die Elvis nicht haben wollte. Natürlich nur, bis ich meine Judy kennenlernte. Elvis war Trauzeuge bei unserer Hochzeit. Mit Judy lebe ich heute immer noch in Tennessee, ganz in der Nähe von Nashville. In Graceland bin ich seit Elvis’ Tod nur drei Mal gewesen, aber ich stand nie am Grab, das geht mir zu nahe.

Ein Vorteil, der Bodyguard von Elvis zu sein, war auch, mit ihm zusammen all diese berühmten Leute zu treffen. Frank Sinatra, Charlton Heston, Lee Majors. Mit Ringo Starr habe ich Poolbillard gespielt. Ein Höhepunkt war natürlich das Treffen mit Präsident Richard Nixon, im Dezember 1970 im Weißen Haus. Nixon trug einen grauen Baumwollanzug, Elvis seine schwarzen Lederstiefel und den Gürtel mit Goldbelag. Der Präsident schüttelte uns allen die Hände, dann klopfte er mir auf die Schulter und sagte zu Elvis: „Du hast ja kräftige Jungs hier.“

Als es dann vorbei war, habe ich mein Buch über ihn geschrieben. Ich wollte seine Medikamentensucht öffentlich machen und erreichen, dass er sein Problem in den Griff kriegt. Er ließ mir über einen Privatdetektiv viel Geld anbieten, damit dieses Buch nicht erscheint. Ich lehnte ab.

Ehrlich gesagt war ich dann derjenige, der Angst hatte. Ein Bodyguard mit Angst. Weil es doch möglich war, dass er jemanden anheuert, der mich beiseite schafft. Das ist jetzt keine reine Spekulation, ich selbst habe Elvis einmal in einem anderen Fall davon abhalten müssen, einen Killer zu engagieren. Und tatsächlich hat mir vor Jahren jemand erzählt, dass Elvis mich zu dieser Zeit am liebsten tot gesehen hätte.

Ich wette, das hat er nur im Spaß gesagt.

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