Interview mit David Stanley am 5. April 1990


Anfang April 1990 kam es nun zu einem für die EPG sehr wichtigen Treffen. Und um die vielbenutzte Floskel anzuwenden, es war eine "historische Stunde". Ich meine hier mein Treffen und die Gespräche mit Elvis' Stiefbruder und Mitarbeiter (z. B. Leibwächter) David Stanley. David ist jetzt 34 Jahre alt . Er wurde Elvis' Stiefbruder, als Vernon Presley am 3. Juli 1960 die Mutter von David heiratete. Davids Sohn Austin hat den gleichen zweiten Vornamen wie Elvis: Aaron. David hält heute überall in den USA Vorträge über Drogen-Missbrauch und Alkoholismus. Wie kam dieses Treffen zustande?

Schon seit langem bin ich daran interessiert, David kennenzulernen; mit ihm zu sprechen, ihm Fragen über Elvis zu stellen. David hat an einigen Büchern und Magazinen über seinen weltberühmten Bruder mitgearbeitet. Von ihm stammt auch das Buch "Life with Elvis", das 1986 erschienen ist. Dieses Insider-Buch ist interessant zu lesen, enthält seltene Fotos und beginnt mit einer ungewöhnlichen Widmung von David: "Gewidmet meinem Herrn und Erlöser Jesus Christus". Im Buch selbst geht es oft um Gott und was er in Elvis' und Davids Leben bewirkt bzw. verändert hat.

Das Interview:

PK = Peter Kranzler

DS = David Stanley

PK: David, wie war die Beziehung zwischen Elvis und dir?

DS: Elvis war fast wie ein Erzieher für mich. Ich habe unendlich viel von ihm gelernt. Er war natürlich wie ein Freund für mich - und er war, ab 1972, mein Chef. Elvis war für mich wie eine Vaterfigur. Ich war ja noch nicht mal fünf Jahre alt, als ich Elvis das erste mal getroffen habe. Elvis spürte, wie unsicher meine Brüder Rick und Billy und ich waren, als wir zum ersten mal nach Graceland kamen. Damals wussten wir ja noch nicht, wer und wie Elvis war. Elvis kam zu uns, hob uns nacheinander hoch und rückte uns fest an sich. Damit war das Eis gebrochen. Elvis wusste genau, dass wir das in diesem Moment brauchten. Du weißt ja, dass unsere Eltern sich hatten scheiden lassen. Meine Brüder und ich  lebten damals für etwa ein Jahr in Virginia, bevor Elvis in die Staaten zurückkehrte.

Er hat in all den Jahren immer wieder zu mir gesagt: "David, hör' auf deine Mutter!"

Elvis hat mich dazu gebracht, in die Kirche zu gehen.

Er war für mich stets ein Beispiel für Höflichkeit. Du weißt ja, Elvis war sehr höflich. Er sagte immer: "Yes, Sir", "No, Ma'am". Zwei Eigenschaften von Elvis haben mich besonders beeindruckt und beeinflusst: seine Großzügigkeit und seine Fähigkeit, eine positive Botschaft zu vermitteln, etwas, was anderen hilft. Dabei spielte es für Elvis keine Rolle, ob sein Publikum nur aus vier Leuten bestand oder ob das ganze Land, vielleicht sogar die ganze Welt zugehört hat. Sicher gibt es Leute, die nun fragen werden, was war denn Elvis' positive, hilfreiche Botschaft. Ich kann da nur antworten, diese Leute sollen sich mal "How Great Thou Art" und "His Hand In Mine" von Elvis richtig anzuhören!

Elvis hat niemals eine negative Botschaft kommuniziert. Er hat nicht öffentlich über Sexualität, Alkohol oder Drogen gesprochen. Er hat sich nicht negativ über die amerikanische Gesellschaft oder Regierung geäußert. Elvis hat nie versucht, einen negativen Einfluss auf sein Publikum auszuüben. Er war sich immer der Verantwortung bewusst, die er als Entertainer und vor allem als Idol von Millionen Fans getragen hat. Ebenfalls beeindruckt hat mich, dass Elvis nie vergessen hat, aus welchen Verhältnissen er stammte.

Wir hatten ein wirklich gutes Verhältnis. Elvis war für mich mein Bruder, mein Freund und gleichzeitig Vaterfigur. Sehr oft hat er mir geraten, was ich tun und was ich besser lassen sollte. Später ist Elvis aber auch oft zu mir gekommen, um meine Meinung zu einer Entscheidung zu hören oder um sich meinen Rat zu holen.

Unser Verhältnis war gut, wenn es auch manchmal Spannungen zwischen uns gab. Aber das gehört doch dazu. Meistens war ich jedoch daran Schuld und Elvis hatte recht mit dem, was er mir in solchen Situationen sagte. Ich bin ihm heute noch dankbar dafür.

PK: Es wurde viel darüber geschrieben, dass Elvis seine Mutter - also seine Stiefmutter - nie akzeptiert habe und dass sich beide immer aus dem Weg gegangen seien. Stimmt das?

DS: Wie ihre Beziehung am Anfang war, weiß ich nicht. Ich war ja damals noch ein Kind.

Meine Mutter sagte mir, dass es keine außergewöhnlichen Probleme zwischen Elvis und ihr gegeben hätte. Zumindest wurden vielleicht wirklich existierende Schwierigkeiten von den Medien übertrieben und manches wurde einfach erfunden. Meine Mutter war sich auch von Anfang an darüber im klaren, dass sie niemals Elvis' Mutter Glady's würde ersetzen können und deshalb hat sie das auch garnicht erst versucht. Aber die Presse hat dann das Gegenteil geschrieben - nämlich, dass sie versuchen würde, Gladys Platz einzunehmen. Es war ganz einfach eine Lüge. Du kennst ja die Presse aus eigener Erfahrung. Meine Mutter hat Elvis nie als Sohn angesprochen und er hat sie auch niemals Mutter genannt. Aber sie hatten ein gutes Verhältnis. Elvis sagte zu meiner Mutter: "Ich respektiere Dich. Du bist die Frau meines Vaters. Er liebt Dich und ich liebe Deine Söhne."

Denke, das angeblich schlechte Verhältnis zwischen Elvis und meiner Mutter war eine Erfindung der Presse und vielleicht mancher Fans, die sich wichtigmachen wollten und die einfach auf Elvis übertrugen, was sie selbst dachten. Aber die Wahrheit sah anders aus. Solange ich mich erinnern kann, hat meine Mutter nie versucht, die Rolle von Elvis' Mutter zu spielen, Elvis als Sohn zu behandeln. Auf jeden Fall hatte Elvis große Achtung vor meiner Mutter. Beide hatten selbstverständlich hie und da Meinungsverschiedenheiten - an eine größere Auseinandersetzung kann ich mich nicht erinnern.

PK: David, du hast in deinem Buch "Life with Elvis" viel über Gott geschrieben. Du bist Christ und auch als Evangelist tätig. Von deinem heutigen Blickpunkt aus gesehen, war Elvis deiner Meinung nach Christ?

DS: Zunächst einmal - das ist eine interessante, und wie ich meine, auch wichtige Frage. Eine lebenswichtige Frage. Ich bin Christ - wie du ja auch in meinem Buch gelesen hast. Ich bin ein Evangelist, also jemand, der sich nicht schämt, das Evangelium weiterzusagen - wie es auch in der Bibel, im Römerbrief, Kapitel 1, Vers 16 steht.

Elvis ist vor fast 13 Jahren gestorben. In der Zwischen zeit bin ich Christ geworden und ich kann heute aus voller Überzeugung sagen, dass ich in Elvis mehr von Jesus entdeckt habe, als in jedem anderen Menschen, den ich kenne. Hier möchte ich auch Theologen mit einschließen.

Ich erlebte, wie Elvis sich aufrichtig um andere gesorgt und ihnen dann geholfen hat. Elvis hat stets Arme und Behinderte unterstützt - eben Menschen, denen es nicht so gut ging, wie ihm. Dafür hat er hohe Summen gespendet. Aber er hat auch für Unterprivilegierten eingesetzt, mit allen Mitteln und dem Einfluss, den er hatte.

Das ist für mich Wirken im christlichen Sinn. So lehrt es auch die Bibel. Was hat Jesus getan? Er hat den Armen geholfen, er schickte niemanden fort, der seine Hilfe benötigte.

Und so war auch Elvis. Ich denke, Elvis war Christ. Als Kind hatte er Jesus als seinen Erlöser angenommen und sich bewusst für ihn entschieden. Für Elvis war Jesus der "König aller Könige" ("King of all Kings"). Deshalb mochte er später auch die Bezeichnung "King" für sich nicht. Elvis war überzeugt, dass es eben nur einen wahren König gibt und selbst bei Konzerten hat Elvis das dem Publikum erklärt, wenn die Zuschauer ihm "Du bist der King" zugerufen hatten. Ich fand das immer bemerkenswert. Elvis war der Größte in den Augen seiner Fans, aber er selbst wusste genau, dass es einen noch Größeren gibt. Und das hat er den Leuten immer wieder verdeutlicht. Das habe ich selbst sehr oft erlebt. Deshalb meine ich, Elvis war Christ. Er hatte eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus.

Ich weiß, dass es Leute gibt, die behaupten, Elvis könne kein Christ gewesen sein. Weil er beispielsweise nicht regelmäßig in die Kirche ging. Für mich sind solche Leute Pharisäer, die auf Elvis Steine werfen - um bei einem biblischen Bild zu bleiben. In der Bibel steht auch: "Verurteile andere nicht, auf dass Du auch nicht verurteilt werdest. Wer von Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein." Es ist eine alte Weisheit, dass niemand vollkommen ist. Ich will es mal so ausdrücken: "Zeige mir einen absolut perfekten Menschen und ich zeige Dir Jesus!" Kein Mensch kann also über Elvis die Nase rümpfen, weil der nicht vollkommen war. Das ist nämlich niemand auf der ganzen Welt.

Und diese Unvollkommenheit, die Elvis mit allen Menschen teilt, unterscheidet ihn und alle anderen von Jesus. Du hast ja sicher auch von dem Unsinn gehört, dass es Leute gab, die behauptet haben, Elvis sei der "neue Jesus" gewesen. Welch Schwachsinn! Ich weiß, Elvis hätte sich über solche Ansichten sehr aufgeregt. Ich glaube, dass alle Christen Elvis eines Tages wiedersehen werden - nämlich bei Gott im Himmel.

Eines möchte ich aber ganz deutlich im Zusammenhang mit dieser letzten Feststellung sagen: "Lebe nicht für Jesus, nur um Elvis eines Tages wiederzusehen. Lebe für Jesus, um Jesus zu sehen." Ich sage das deshalb, weil ich schon Leute erlebt habe, die nur aus diesen einzigen Grund - Elvis wiederzusehen - Christ wurden - in Wirklichkeit sind sie es ja nicht. Ich weiß, dass Elvis eine solche Motivation ablehnen würde.

Es ist ganz wichtig, Elvis nicht zu vergöttern, ihn nicht anzubeten. Also ihn nicht zu einem Götzenbild zu erheben und ihn damit zu missbrauchen. Ich denke, das wäre absolut falsch. Schon zu Lebzeiten hat Elvis darunter gelitten, dass ihn manche Leute als ein gottähnliches Wesen sehen wollten und nicht als Mensch aus Fleisch und Blut akzeptiert haben.

PK: Ich denke, dass Elvis seine christliche Einstellung auch in seinen Gospelsongs ausdrückt.

DS: Ganz richtig. Die meisten Menschen, mit denen ich über Elvis' Gospelmusik gesprochen habe, bestätigen mir, dass man die Kraft Gottes richtig spüren konnte, wenn Elvis Gospel sang. Bei diesen Liedern achteten die Zuschauer offensichtlich weniger darauf, wie gut Elvis aussah oder wie toll er sich bewegte. Vielmehr waren sie fasziniert davon, mit welcher Intensität, mit welchem Gefühl, mit welcher inneren Anteilnahme Elvis Gospelsongs vortrug. Das Publikum hat immer gespürt, dass das Singen solcher Lieder für Elvis ein echtes Anliegen war.

Und ich weiß, dass durch Elvis' Gospelsongs viele Menschen den ersten Anstoss bekamen, sich mit Glaubensfragen  auseinanderzusetzen und später Christen wurden.

PK: Was bedeutet dir Elvis' Musik insgesamt und welche Stilrichtung bzw. welche Songs magst du besonders.

DS: Ich mag Elvis' Gospels und ich liebe seine Rock'n-Roll-Musik. Ich liebe "Jailhouse Rock", "Blue Suede Shoes", "That's All Right" und all' die anderen Rock'n-Roll-Songs. Ich liebe Elvis' Balladen.

Die meisten Filmlieder mag ich nicht. Das ist meine ganz persönliche Meinung. Elvis konnte eigentlich alles singen und irgendwie klang es gut. Ich stehe eben mehr auf seine Gospels, seinen Rock'n Roll und seine Balladen. Weitere Favoriten von mir sind "It's Midnight", "You've Lost That Lovin' Feeling" und "It's Over". Elvis war für mich ein Genie. Ich habe oft erlebt, dass er ein Lied im Radio gehört hat und sich sofort danach ans Klavier setzte und das eben gehörte Lied nachspielte. Ich meine, er hat nicht probiert, es zu spielen - er hat es gespielt! Und dabei hat er es nur einmal gehört! Elvis war ein genialer Musiker. Er spielte mehrere Instrumente: Gitarre, Bass, Schlazeug - am besten spielte er meiner Meinung nach Klavier.

Er hat nie eine Ausbildung an all' diesen Instrumenten. Elvis brauchte keine! Er war ein Naturtalent. Oh, ich liebe seine Musik.

PK: Wie denkst du über den Schauspieler Elvis?

DS: Elvis hatte ein großes Talent zum Schauspieler. Er war ein guter Schauspieler, wie ich meine.

Aber auf diesem Gebiet ist er sehr schlecht vermarktet worden, d.h. er wurde meist unter Wert eingesetzt. Auf der anderen Seite waren seine Filme kommerziell sehr erfolgreich. Und für Colonel Parker zählten ja nur die Einnahmen. Die stimmten. Wenn man den finanziellen Erfolg als Messlatte anlegt, war Elvis ein sehr erfolgreicher Schauspieler. Aer künstlerisch konnte er eben nur selten zeigen, was wirklich in ihm steckte. Und genau das wäre für ihn persönlich wichtiger gewesen als der große Kassenerfolg.

Ich habe Elvis oft beobachtet und ich weiß, er war ein sehr guter Schauspieler, der leider nicht die Chance bekam, das öfter zu beweisen. Vielleicht hätte er sich für einige Zeit aus dem Tourneegeschäft zurückziehen und mehr um seine Gesundheit kümmern sollen, um dann in dieser Zeit ein paar Filme drehen zu können, in denen er endlich mal die richtigen Rollen hätte spielen können. Rollen, die sein ganzes schauspielerisches Talent gefordert hätten. In denen er sich künstlerisch hätte verwirklichen können. Glaube mir, da steckte viel mehr ihn ihm, als er jemals auf der Leinwand zeigen konnte.

PK: Elvis ist doch die männliche Hauptrolle in dem Film "A Star Is Born" - neben Barbra Streisand - angeboten worden. Es hieß, der Colonel Tom Perker habe dann abgelehnt, u.a. deshalb, weil Barbra Streisands Name zuerst auf den Filmplakaten genannt worden wäre. Woanders habe ich gelesen, Elvis selbst habe das Angebot abgelehnt, weil ihm der Charakter des Menschen, den er im Film hätte verköpern sollen, nicht gefallen habe. Was ist nun richtig?

DS: Elvis mochte tatsächlich die Rolle nicht besonders, die er hätte spielen sollen. Ich sah, wie eines Tages Barbra Streisand zu Elvis kam und sie gemeinsam das Drehbuch lasen. Wieder einmal konnte ich bei dieser Gelegenheit sein schauspielerisches Talent bewundern. Elvis las eine bestimmte Stelle im Drehbuch nur einmal durch und sofort spielte er die Szene nach.

Möglicherweise hat er das eine oder andere Wort weggelassen oder verändert - aber er spielte die komplette Szene und zwar hervorragend, wie ich meine. Elvis hätte den Film gern gedreht. Andererseits war er überhaupt nicht traurig, als der Colonel das Angebot ablehnte. Elvis hatte ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu diesem Film und zu seiner geplanten Rolle darin. Er mochte das Drehbuch nicht.

So war er über die Ablehnung nicht enttäuscht. Er war innerlich bereit, eine künstlerische Aufgabe dieser Art zu übernehmen. Aber diese Rolle war nicht das, was er sich vorgestellt hatte.

Hinzu kam, dass Elvis Barbra Streisand zwar als Sängerin bewunderte, aber nicht unbedingt mit ihr zusammen in einem Film spielen wollte.

PK: Hat Elvis dir mal erzählt, warum er nicht außerhalb Amerikas aufgetreten ist - beispielsweise in Europa?

DS: Elvis hat mir erzählt, dass er nicht außerhalb Amerikas auftreten konnte, weil der Colonel ihn nicht ließ. Der wollte nicht aus den Staaten raus, aus Angst davor, nicht mehr hereingelassen zu werden. Tom Parker war nämlich illegal nach Amerika eingewandert und hatte demzufolge keine Papiere. Das hat mich immer gewundert. Warum hat der Colonel nicht versucht, die Papiere zu bekommen? Geld, Einfluss und Beziehungen hatte er doch genug. Außerdem hat er doch lange genug in den USA gelebt. Vielleicht gibt es Gründe für diese seltsame Tatsache, die wir alle noch nicht kennen. Elvis wollte immer außerhalb Amerikas auftreten. Er sagte mehr als einmal zu mir: "Was ich brauche, ist entweder eine seriöse große Filmrolle oder eine Europa-Tournee."

Für Elvis wäre es wie ein neues Leben gewesen, auf Tournee durch andere Länder gehen zu können. Stell' dir vor, er wäre hier in Frankfurt aufgetreten! Wenn er da die Liebe und Energie des Publikums - außerhalb seines Landes - gefühlt hätte, das wäre etwas Neues für ihn gewesen.

Gleichzeitig hatte er auch etwas Angst vor Auftritten in Europa. Er wusste, dass ihn hier ebenfalls Millionen Menschen lieben und verehren. Wenn aer irgendwo 50.000 bis 100.000 Menschen zusammenkommen, die einen lieben, ist das nicht ganz ungefährlich und es kann zu Massenhysterie kommen. Die Fans in Europa hatten ja schon so lange auf Elvis warten müssen, waren also gewissermaßen "ausgehungert". So hätte es leicht bei einem Auftritt zu Schwierigkeiten kommen können.

Trotzdem, Elvis wollte in Europa - speziell in Deutschland - auftreten. Manchmal saßen wir zusammen und planten allen Ernstes solche Tourneen. Wir legten die Daten fest, teilten die Sicherheitskräfte ein, besprachen die Flüge usw. Elvis selbst hat diese Pläne manchmal aufgeschrieben. Wir haben genau festgelegt, welche Lieder Elvis während seiner Konzerte in Europa singen würde.

Wenn Elvis dann die Pläne seinem Manager zeigte, lehnte dieser jedes mal ab. 1976 ging Elvis mal wieder mit solchen Plänen für eine Europa-Tournee zum Colonel. Der schüttelte erneut seinen Kopf. Diesmal wollte sich Elvis nicht mit der gewohnten Absage abfinden. Er erklärte seinem Manager ganz deutlich: "Entweder du bringst mich jetzt mal auf eine Europa-Tour, dieses oder spätestens nächstes Jahr - oder ich werde mit eien anderen Manager nahmen!" Es war Elvis anzusehen, dass es ihm ernst war. Ich glaube, Elvis hatte schon länger genug davon, dass der Colonel nur an Geld dachte und keine Rücksicht auf künstlerische Ambitionen seines Partners nahm.

Elvis wiederholte noch einmal: "Entweder du bringst mich nach Europa oder andere werden es tun." Ich erinnere mich, dass Elvis dem Colonel sagte, dass "Concerts West" ihn dann nach Europa bringen würden.

PK: Ist das die Konzertagentur, die Jerry Weintraub und Tom Huelett gegründet haben und die von 1970 bis 1976 die Elvis Presley Show betreut hat?

DS: Genau die! Ich erinnere mich, dass Elvis auch die Namen der beiden genannt hat. Deshalb nehme ich an, dass ermit ihnen über seine Pläne gesprochen hatte

PK: Wie war Elvis als Mensch?

DS: Nun, er hatte Fehler und Schwächen, wie wir alle sie haben. Aber bei Elvis waren vielleicht 10% solche Fehler und 90% an ihm waren einfach großartig. Du weißt, bei vielen, die über Elvis richten und ihn verurteilen, ist das genau umgekehrt. Elvis lebte ein Leben voller Spaß. Er besaß einen herrichen und ansteckenden Humor. Er war hilfsbereit, höflich und sehr großzügig.

Am Ende seines Lebens war Elvis krank. Aber niemand konnte ihn dazu bringen, sich etwas zu schonen, den Stress zu stoppen. Er war ein Arbeitstier. Er liebte die Musik über alles, er brauchte die Konzerte, die Plattenaufnahmen. Deswegen ist es ja auch so unsinnig, wenn Leute heute allen Ernstes behaupten, Elvis lebe irgendwo zurückgezogen. Die haben Elvis nie begriffen und ihn nicht gekannt. Ich kann nur sagen, Elvis ein ein toller Mensch - aber eben ein Mensch, der, wie jeder andere, auch seine Schattenseiten hatte.

PK: In dem Zusammenhang - in der Presse unseres Landes kann man immer wieder lesen, Elvis habe Drogen genommen, er sei süchtig gewesen. Gemeint ist in usnerem Sprachgebrauch "harter Stoff", also Kokain, Herion, Marihuana usw. Ist das wahr?

DS: Das ist nicht wahr! Ich weiß auch nicht, wer solche Lügen, solchen Quatsch erfindet.

Elvis war strikt gegen alle Drogen. Er hat sich gegen den Drogenmissbrauch engagiert und das sehr ernst genommen. Du weißt ja, dass er in dieser Richtung sogar eine offizielle Funkton hatte, so etwas wie ein "Anti-Drogen-Agent" war.

Elvis wurde jedesmal wütend, wenn er mich erwischt hat, wie ich einen Joint rauchte oder mit anderen Drogen herumexperimentierte.

Ohne Elvis, seine Hilfe, wäre ich vielleicht, was Drogen betrifft, "unter die Räder gekommen". Es macht mich immer zornig, wenn ich solchen Mist lese. Ich weiß es besser. Mit Tabletten hatte Elvis aber tatsächlich ein Problem. Aber es war nicht alleine seine Schuld, dass es soweit gekommen ist. Denk nur an die Ärzte, die nur allzu bereitwillig waren, ihm dieses Zeug zu verschreiben.

PK: David, vor kurzem war bei uns der Fernsehfilm "Elvis und ich" zu sehen, der nach dem Buch von Priscilla "Elvis And Me" entstand. Es gibt sehr kontroverse Meinungen darüber. Kennst du den Film?

DS: Oh ja, ich habe ihn gesehen.

PK: Wie denkst du darüber?

DS: Ehrlich gesagt, ich war enttäuscht von diesem Film. Nun weiß ich nicht genau, was davon auf Priscillas Konto geht und was andere zu verantworten haben. Nach meiner Meinung wurde Elvis als perverser Freak dargestellt. Und das war er bestimmt nicht. Außerdem war der ganze Film nicht besonders gut gemacht. Wie gesagt, ich fand den Film nicht gut und Elvis war anders, als er dort dargestellt wurde.

Aber, sowie jeder Fan sein eigenes Bild von Elvis hat, hat er wohl auch jeder Verwandte. Ich finde nur, dass es zuviel Aufregung um diesen TV-Film gegeben hat. Das hat dieser Film nicht verdient. Er ist nicht so wichtig. Einfach darüber schweigen und vergessen!!

PK: Das ist auch meine Meinung. David, vermisst du Elvis?

DS: Oh, Mann, ich kann dir gar nicht sagen, wie! Wenn ihn schon die Fans so sehr vermissen, die ihn nicht gekannt haben, kannst du dir vielleicht vorstellen, wie sehr ich ihn als sein Bruder vermisse. Elvis war alles für mich!

PK: Eine letzte Frage: Wie dachte Elvis über seine Fans, was bedeuteten sie ihm?

DS: Elvis liebte seine Fans sehr. Allerdings machte es ihm zu schaffen, wenn sie in ihm einen Gott sahen und ihn "besitzen" wollten. Wenn sie ihn nicht sehen wollten, wie er wirklich war, sondern von ihm erwarteten, dass er nach ihrem selbstgefertigten Bild leben sollte. Wenn sie ihm also kaum mehr Luft zum Atmen ließen. Manche verfolgten ihn ja überall hin und wollten einfach nicht respektieren, dass auch Elvis ein Recht auf seine Privatsphäre hatte.

All die vielen Fans, die Elvis' Privatleben achteten, die ihn nicht vergötterten und die seine Musik so sehr mochten, die hat er mir gegenüber immer wieder als seine Freunde bezeichnet. Er hat stets betont, dass diese Fans ihn zu dem gemacht haben, was er war - zum absoluten Superstar. Elvis hat immer gesagt: "David, ich liebe sie alle."

Ich kann es, ehrlich gesagt, nicht verstehen, wenn es heute noch oder wieder so viele Fans gibt, die Elvis' Meinung in diesem Punkt einfach nicht akzeptieren wollen. Die sich ein Traumbild von Elvis schaffen, dieses anbeten und den Künstler übersehen, d.h. Elvis' musikalisches Schaffen nur am Rande zur Kenntnis nehmen.

Das war doch für Elvis die Hauptsache, dafür hat er gelebt! Und dafür wollte er anerkannt werden, wollte er verehrt werden. Diese Verehrung hat Elvis genossen. Auf Fans, die so fühlten, war er richtig stolz. Am liebsten hätte er mit jedem einzelnen gesprochen oder einen Briefwechsel geführt. Übrigens, Peter, da bin ich ganz sicher, eure Arbeit und eurere Magazine hätten Elvis sehr gefallen! Ein solcher Einsatz und eine solche ernsthafte, niveauvolle Anerkennung seines künstlerischen Werkes hätten ihn gefreut. Das weiß ich bestimmt, denn wie gesagt, Elvis hat ja oft mit mir über seine Fans gesprochen.

PK: David, ich danke dir im Namen aller unserer Mitglieder und Leser von Graceland für dieses hochinteressante Interview und die anerkennenden Worte für unsere Arbeit.

DS: Es war mir wirklich ein Vergnügen - auch weil die Fragen nicht das leider übliche Herumstochern in Elvis' Privatleben waren. Viele Interviewer interessieren sich mehr für den Liebhaber Elvis als für den Künstler oder Menschen insgesamt. Nochmal, dieses Interview hat mir Freude gemacht und grüße alle EPG-Mitglieder ganz herzlich von mir.

Auszüge aus einem anschließenden Gespräch:

David erzählte von den zahlreichen Elvis-Konzerten, die er erlebt hat und wie heutzutage Imitatoren vresuchen, Show und Atmosphäre nachzuvollziehen. In Amerika ist der Erfolg von Elvis-Imitatoren rückläufig. Es ist also durchaus möglich, dass dieser Trend in einiger Zeit auch bei uns einsetzen wird. Ganz sicher ist das nicht, weil wir Elvis selbst ja nie live erleben konnten. So So ist der Auftritt eines Elvis-Imitators für manchen ein Ersatz für ein Elvis-Konzert, wenn es auch nur ein ganz schwacher Ersatz sein kann.

David sagte: "Ein Elvis-Konzert war nicht nur eine Show, es war jedesmal ein Ereignis, ein besonderes Erlebnis! Und dieses Charisma von Elvis, die Ausstrahlung, diese magnetische Kraft, diese Erregung wird niemals ein Imitator auch nur annährend haben bzw. vermitteln können!"

Über Elvis Fans meinte David scherzend: "Es gibt normale Menschen und Elvis-Fans! Vergiss nicht, ich selbst bin ein großer Elvis-Fan!"

Nach oben